SucheGästebuchIch freue mich immer über Feedback! Entweder als Kommentar zum jeweiligen Artikel ("Kommentare" in der kleinen Box oben rechts neben jedem Eintrag klicken) oder in meinem Gästebuch
![]() |
Saturday, 20. March 2010Halbzeit mit Oma Ursel![]() Blick auf das 101 - Wo ai taiwan ![]() Es ist Halbzeit. Vor knapp sechs Monaten bin ich in einer unüberschaubar großen, chaotischen und vor allem fremden Stadt angekommen. Inzwischen ist mein Taipei nicht nur geschrumpft und zumindest etwas geordnet, sondern zu einer Heimat geworden. Ich fühle mich wohl in dieser Stadt, in diesem Land. Taipei ist eine bunte und lebendige Stadt, ständig in Bewegung, gleichzeitig fühle ich mich hier so sicher als wäre ich in einer süddeutschen Kleinstadt. Vielleicht sogar sicherer. Außer aufgrund wild kurvender Taxis oder Mopeds auf der Straße kenne ich kein Gefühl der Mulmigkeit, fühle mich zu jeder Tages- und Nachtzeit gut aufgehoben. Wenn ich einen Taiwanesen frage, was an Taiwan und vor allem Taipei besonders toll sei, bekomme ich gut wie immer als eine der ersten Antworten, Taiwan sei so fangbian, so praktisch. Vor einem halben Jahr fand ich das eine ziemlich unromantische Beschreibung. Es klang für mich ein bisschen danach, als würde meinen Gesprächspartnern kein so richtig positives Adjektiv einfallen. Inzwischen ahne ich jedoch die wahre Relevanz von fangbian. An jeder Ecke drängen sich kleine Restaurants und Stände, die Köstlichkeiten aller Art verkaufen. Ich brauche nur aus meiner Haustür stolpern und habe sofort eine breite und günstige Auswahl an frisch zubereiteten Köstlichkeiten. An jeder Ecke steht ein 7-11, eine moderne Art Tante-Emma-Laden mit erweitertem Tankstellenshop-Sortiment. Diese Läden sind 24 Stunden lang geöffnet und häufig in Sichtweite voneinander. Will ich der Schlaflosigkeit und Betonhaltigkeit der Stadt für eine Weile entfliehen, setzte ich mich in die U-Bahn oder einen Stadtbus und fahre in weniger als einer Stunde an den Meereshafen in Danshui, in die Berge des Yangmingshans-Nationalparks oder zu den heißen Quellen und türkisfarbenen Bergflüssen in Wulai. Will ich noch weiter weg, gehe ich zu einer der vielen Fernbusfirmen und steige in den nächsten Fernbus. Diese Busse mit Fernsehsesselsitzgröße fahren für wenig Geld alle größeren oder auch kleineren Städte Taiwans im 10 bis 30 Minuten Takt an. Insgesamt alles besonders schön für so Menschen wie mich, die nicht so gerne ewig lange im Voraus planen. Pünktlich zur Halbzeit hat mir Taipei im Übrigen noch das herbeigezaubert, was mir bisher zu meinem Glück hier fehlte: auf meinem Nachhauseweg von der Uni hat ein neues Geschäft aufgemacht: Oma Ursels deutsche Bäckerei. Mit echtem Brot. Brötchen. Brezeln. Laugenwecken (!). Berlinern. Apfelstrudel. Das war ein Gelage, sage ich euch! A propos bequem und nicht so gerne planen: Diese Woche hatte ich meine Abschlusspräsentation für dieses Quartal. Meine eine Woche Semesterferien wollte ich eigentlich mit Bergsteigen und Wandern verbringen. Leider habe ich am Donnerstag aber erfahren, dass der Nationalpark, in den wir wollten, aufgrund von Schneefall bis auf weiteres komplett abgesperrt ist. Nach erstem Frust haben wir uns gestern jedoch schnell umorientiert… und so fliege ich NACHHER mit einem Kommilitonen für den Preis einer Bahnfahrt von Freiburg nach Hamburg für eine Woche nach KOREA. Ich brauche wohl kaum erwähnen, dass ich unglaublich aufgeregt bin? Und werde natürlich berichten! Friday, 12. March 2010Ich geh mit meiner Laterne
![]() Lieblingsbeschäftigung neben dem Essen: Essen fotographieren Den Abschluss des chinesischen Neujahrs bildet am 15.01. (nach dem Mondkalender) das Laternenfest. Der Tag wird je nach Ort mit verschiedensten Aktivitäten begangen, deren einzig gemeinsamer Faktor Laternen – oder in Ermangelung solcher wenigstens Feuerwerk sind. In Taiwan sind zwei Orte für ganz besondere Feierlichkeiten anlässlich des Laternenfests berühmt: Yanshui und Pinxi. Letzteres aufgrund sehr traditioneller Feierlichkeiten, ersteres aufgrund sehr… spektakulärer Feierlichkeiten. In Yanshui werden nämlich in Erinnerung an das erfolgreiche Besiegen einer Cholera Epidemie im vorletzten Jahrhundert riesige Mengen an Feuerwerk und Böllern abgeschossen. Soweit noch nicht spektakulär – allerdings werden die Böller nicht in den Himmel, sondern in die (über 100 000 Menschen zählende) Menschenmasse geschossen. Obwohl so gut wie alle Besucher vorsorglich mit Motorradhelmen, Lederjacken über mehreren Lagen feuerfester Kleidung, Handschuhen und zum Teil sogar Schutzschilden ausgestattet sind, sind wohl jedes Jahr ein paar verlorene Augen, Ohren oder Gliedmaßen zu beklagen. Und jedes Jahr werden es mehr Teilnehmer. Die spinnen, die… Da Sabine eh schon gesundheitlich angeschlagen war und wir ja außerdem so langsam zur vernünftigen Generation gehören (sollten), haben wir uns für die ruhige und traditionelle Variante des Laternenfests im kleinen Ort Pingxi im Norden Taiwans entschieden. Dort werden tausende riesiger Papierlaternen nach dem Heißluftballonprinzip in den Nachthimmel entlassen. Auf jeder den Göttern entgegen schwebenden Laterne steht ein Wunsch für das neue Jahr – oder auch gleich mehrere. Ein Himmel voll glühender Wünsche, eine künstliche Milchstraße menschlicher Hoffnungen: ein Ereignis, das zum Träumen anregt. Allerdings hatten in diesem Jahr nicht nur wir Lust auf Träumen, sondern noch 250 000 anderen Menschen, darunter auch der taiwanesische Präsident Ma Ying-Jeou höchstpersönlich. Ruhig war es also nicht. Und so ganz entspannt auch nicht. Stehen auf einer Laterne zu viele Wünsche, oder ist der Wunsch unverhältnismäßig, wird die Laterne von der göttlichen Schwerkraft zurück zur Erde geholt. In Pingxi schienen in diesem Jahr viele Leute nicht zu wissen, was ihnen zusteht. Und so malerisch eine Laterne am Himmel ist, ein mannshoher Papierballon mit Feuerantrieb ist in einer extrem dichten Menschenmenge weniger willkommen. Manche Teilnehmer versuchten zudem, ihren Wünschen bei den Göttern mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, indem sie Feuerwerkskörper an ihre Laternen hefteten und diese mitten in der Menge zündeten. Um das Ganze noch ein bisschen abwechslungsreicher zu machen, führt auch noch die Zuglinie nach Pingxi mitten durch das Hauptveranstaltungssträßchen. Ca. alle halbe Stunde wurde die Menge daher noch gedrängter, während Besucher versuchten, rechtzeitig von den Gleisen herunterzukommen. So richtig langsam fuhren die Züge nämlich nicht. ![]() Laternenfest in Pingxi Trotzdem oder auch gerade deswegen war das Laternenfest wirklich sehenswert. Besonders beeindruckt haben mich neben dem erleuchteten Nachthimmel die Taiwanesen selbst. Trotz der Menschenmassen blieben alle freundlich und fröhlich. Und auch das mehrstündige Anstehen am späten Sonntagabend, um einen der Busse oder Züge zurück nach Taipei zu erwischen, wurde nicht nur gleichmütig akzeptiert, sondern die Stimmung blieb durchweg gut. Selbstverständlich haben auch wir eine Laterne gezündet. Es wundert mich allerdings ein bisschen, dass sie es tatsächlich in den Nachthimmel geschafft hat, war sie doch ziemlich schwer beladen mit allerlei Wünschen von Weltfrieden bis Weltmeisterschaft. Unter der Woche haben wir dann abends noch eine Laternenausstellung anderer Art in Taipei angeschaut. Hunderte riesiger Laternen, aus bunten Stoffplanen zusammengenäht, strahlten um die Wette. Von allerlei Tigervarianten (wir haben ja schließlich das Jahr des Tigers) bis Spongebob Squarepants in Übergröße war alles dabei. ![]() Laternenfest in Taipei
Am Rande 1: A propos geduldiges Schlangestehen. Drüben auf dem Festland sieht das ganz anders aus. Schlangestehen gehört definitiv nicht zu den chinesischen Tugenden. Mitstudenten, die vor den olympischen Spielen in Peking studiert haben, haben mir allerdings von sehr langen, gesitteten Schlangen überall in der Stadt erzählt. Die allerdings nirgends hinführten. Was zunächst mysteriös erscheint, entpuppt sich schnell als besondere Maßnahme der chinesischen Regierung. Einmal im Monat wurde an öffentlichen Orten das Schlangestehen geübt. Teilnehmern wie Zuschauern sollte damit im Vorfeld der Spiele zivilisiertes Benehmen beigebracht werden. Inwiefern das Konzept Erfolg hatte, kann ich leider nicht berichten. Am Rande 2, ausnahmsweise: Taiwan hält einen traurigen Rekord: es ist momentan das Land mit der weltweit niedrigsten Geburtenrate. Vielleicht sollte sich das Land von seinen Nachbarn inspirieren lassen? Das südkoreanische Gesundheitsministerium beispielsweise hat eine geniale Maßnahme ins Leben gerufen, um der ebenfalls extrem niedrigen Geburtenrate im Lande entgegenzusteuern: Einmal im Monat werden Mittwoch Abend um 19.00 alle Lichter im Ministerium ausgeschaltet, um Angestellte dazu zu bringen, früh (schon um sieben…) nach Hause zu gehen und sich fortzupflanzen. Kein Witz. ![]() Ein Neidfoto zum Abschluss: Strand in Kenting, im Süden Taiwans
|
KalenderBlog abonnierenVerwaltung des Blogs |
Kommentare